Und jährlich grüßt das Achtelfinal-Murmeltier

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Puuuh, das muss ich erst noch verdauen. Die Löwen scheiden im Achtelfinale der Velux EHF Champions League gegen den THW Kiel aus. Der 25:24-Erfolg aus dem Hinspiel in Kiel reichte nicht, da der THW in Mannheim mit 26:24 gewinnen konnte. Fühle mich, als würde wieder ein Achtelfinal-Murmeltier grüßen. Letztes Jahr in Zagreb mit +1 gewonnen, zuhause mit -2 verloren. Und jetzt wieder sowas. Das tut weh.

Warum die Löwen zuhause verloren haben? Da gibt es meiner Meinung nach mehrere Gründe.

Punkt 1: Niklas Landin. Der machte ein richtig gutes Spiel, war in den entscheidenden Momenten zur Stelle. Das Torhüterduell ging an den THW, allerdings auch begünstigt durch Punkt 2.

Punkt 2: Andreas Palicka. Nein, nicht weil er schlecht war, ganz im Gegenteil. Palicka war gut in Fahrt und ein guter Rückhalt für die Löwen. Dann versucht er, einen Ball noch zu bekommen, bevor der über die Linie hoppelt, kommt dran, erwischt ihn nicht richtig, kassiert das Tor und verletzt sich dabei. Appelgren kam rein, hielt nur zwei oder drei Bälle, kam einfach nicht auf Betriebstemperatur. Ab diesem Zeitpunkt bekam der THW mehr und mehr Oberwasser. Was natürlich nicht nur an Appelgren lag, aber eben auch.

Punkt 3: Hendrick Pekeler. Er verletzte sich auch in der zweiten Halbzeit, wurde an der rechten Wade getapet. Auf mich wirkte er ab diesem Zeitpunkt nicht mehr ganz auf der Höhe, schien langsamer zu sein als sonst. Das führte mehrfach dazu, dass die Ordnung in der Abwehr verloren ging.

Punkt 4: Lukas Nilsson. In der Anfangsphase der zweiten Halbzeit war er derjenige THW-Spieler, der den Löwen richtig weh tat. Junge, was für ein Talent! Wenn der an Erfahrung gewinnt und konstant seine Leistung abruft wird der THW noch viel Freude an ihm haben.

Die schon ziemlich leere SAP Arena, nachdem das Achtelfinal-Murmeltier sich wieder gezeigt hatte

Die SAP Arena leerte sich nach dem Aus im Achtelfinale der Champions League recht schnell.

Punkt 5: Die Löwen wurden müde. Gegen Ende des Spiels wurde es für die Löwen immer schwerer, sich gute Wurfchancen zu erarbeiten. Es fehlte das richtige Tempo, die richtige Überzeugung bei den Angriffen. Ob es an der Wechseltaktik von Nikolaj Jacobsen liegt? Harald Reinkind kam nur gegen Ende der ersten Halbzeit für ein paar Minuten, Mads Mensah Larsen spielte auch nicht sonderlich viel. Das zeigte sich bei Kim Exdahl du Rietz und Alexander Petersson. Beide wirkten langsamer, unentschlossener, weniger durchschlagskräftiger als sonst. Das ist so ziemlich der einzige echte Kritikpunkt, den ich – nicht nur in diesem Spiel – an Jacobsen habe. Mehr wechseln, mehr den Leuten aus der 2. Reihe Einsatzzeiten geben, ihnen mehr vertrauen und sie auch den einen oder anderen Fehler machen zu lassen, wäre nicht verkehrt. Klar, ich bin mir bewusst, dass man Erfolge nicht gefährden will, aber dennoch wären einige Wechsel mehr mittel- und langfristig sinnvoller. Zumindest meiner Meinung nach. Aber was weiß ich schon.

Punkt 6: Das Hinspiel. Für mich der vielleicht wichtigste Grund überhaupt, warum das Achtelfinal-Murmeltier sich wieder zeigen konnte. Die Löwen haben sich gut entwickelt in den letzten Jahren, haben wichtige Schritte in die richtige Richtung gemacht. Spiele, die früher verloren wurden, werden heutzutage fast durchweg gewonnen. Was den Löwen noch fehlt ist die nicht zu befriedigende Gier danach, nicht zu nur gewinnen, sondern um jedes einzelne Tor zu kämpfen. Ein solches Spiel wie das Hinspiel in Kiel darf man nicht mit +1 abschließen. Hält man – wenigstens weitgehend – den Vorsprung und geht mit +4 oder mehr aus dem Hinspiel passiert nichts mehr. Dieses Nachlassen am Ende, dieses Sich-Begnügen mit dem Sieg ist etwas, das muss noch raus aus den Köpfen, aus dem Bewusstsein, aus der Vereins-DNA. Klar – und da sind wir wieder bei Punkt 4 – spielt das nicht ganz so häufige Wechseln und der im Vergleich zum THW kleine Kader eine Rolle. Ich hoffe sehr, dass die Löwen es schaffen, ihre Altlasten aus der Perlenkasperzeit wirklich in dieser Saison abzubauen. So war es zumindest zu lesen, wenn ich mich recht entsinne. Das erhöht hoffentlich den Spielraum, um den Kader auch in der Breite besser aufzustellen.

Sechs Gründe, warum das Achtelfinal-Murmeltier wieder grüßte. Ich schlage daher, wie gestern schon per Twitter, eine andere Taktik vor:

Woran das Ausscheiden aber definitiv nicht lag war der Kampfgeist der Mannschaft. Die Löwen haben ungeheuer viel investiert. Es war ihnen anzumerken, dass sie unbedingt weiterkommen wollten. Die Mannschaft hat bis zum Schluss Löwenherz gezeigt. Das sollte nicht unerwähnt bleiben, denn es zeigt, dass diese Mannschaft gut zusammengestellt wurde und dass sie im Lauf der letzten Jahre zusammengewachsen ist.Wenn das auch weiterhin mit Augenmaß passiert und lieber “passende” Spieler geholt werden als egozentrische Top-Stars, dann ist mir vor der Zukunft nicht bange. Ob es zu weiteren Titeln reichen wird, das steht auf einem anderen Blatt.

Noch zwei letzte Dinge zu diesem Spiel. Dass die zweite Halbzeit nicht pünktlich angepfiffen werden kann, weil Sky unbedingt noch den mit Rot + Blau bedachten René Toft Hansen befragen muss und das Interview nicht rechtzeitig beendet ist ein Unding! Wer sich mal eine Analyse des Spiels anhören möchte, die nicht aus dem Kreis der “üblichen Verdächtigen” aka Lokal- und Fachpresse, Sky etc. stammt, sollte bei meinsportradio.de reinklicken: Analyse des Achtelfinals von Sven Metzger.

Die Terminhatz im Handball ist manchmal Segen und Fluch zugleich. Bereits morgen spielen die Löwen schon wieder, dieses Mal in der DKB HBL. Der Gegner vom SC DHfK Leipzig ist nun aber auch keine Laufkundschaft. Da werden die Löwen wieder einiges investieren müssen, um zwei Punkte einzufahren. Müde, angeschlagen und sicher auch etwas enttäuscht dann gleich wieder spielen zu müssen, weniger als 48 Stunden nach dem Ausscheiden aus der Champions League, ist sicher nicht ideal. Andererseits können die Löwen dann auch nicht zu lange den Gedanken nachhängen, was man falsch gemacht hat und wie man doch das Champions League-Viertelfinale hätte erreichen können. Ich hoffe sehr, dass die Löwen ihren Fokus auf Leipzig richten können. Die zwei Punkte müssen einfach in Mannheim bleiben. Und dazu muss das Achtelfinal-Murmeltier aus den Gedanken raus.