Testspiel in der Schweiz -Saisonvorbereitung 19/20

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Vor einigen Wochen hatte ich einen Blick auf die “Neuen” bei den Rhein-Neckar Löwen geworfen. Nun läuft die Saisonvorbereitung der Löwen auf vollen Touren. Nachdem das erste Testspiel beim HGW Hofweier locker mit 39:19 gewonnen wurde stand gestern zum Auftakt des Trainingslagers in der Schweiz ein weiteres Testspiel an. Beim HSC Suhr Aarau gelang ein 30:20 Erfolg. Da die Schweizer dankenswerterweise einen – im Übrigen richtig guten! – Livestream anboten hatte ich die Gelegenheit, mir die Löwen in dieser frühen Phase der Saisonvorbereitung anzuschauen.

Das Testspiel – Der Gegner

Der Gastgeber HSC Suhr Aarau belegte in der vergangenen Saison in der Hauptrunde der Nationalliga A, der höchsten Spielklasse in der Schweiz, Platz 6 von 10 Teams. Damit gelang die Qualifikation für die Finalrunde, die der Verein auf Platz 3 abschloss. Im anschließenden Viertelfinale kam dann aber das Aus, wenngleich erst im fünften und entscheidenden Spiel gegen Wacker Thun mit 23:25 nach Verlängerung.

Sicher ist der HSC Suhr Aarau nicht mit Gegnern wie der SG Flensburg-Handewitt oder dem THW Kiel zu vergleichen. Aber zuhause, in einer kleinen, engen, ausverkauften Halle, noch dazu mitten in der Saisonvorbereitung der Löwen, ist ein solcher Gegner nicht zu unterschätzen. Die Schweizer hielten dann auch in der 1. Halbzeit lange gut mit und wehrten sich recht unbeeindruckt von den Löwen gegen einen höheren Rückstand. In der 2. Halbzeit ließen dann die Kräfte nach und die Löwen konnten, wie nicht anders zu erwarten, mit der längeren Bank ihre Vorteile ausspielen.

Dennoch war das ein gutes Testspiel für die Löwen, denn sie wurden zumindest phasenweise ordentlich gefordert. Einfach so im Vorbeigehen war dieser Sieg nicht zu holen. Sowas brauchst du aber auch in der Vorbereitung. Und dass die Gastgeber noch dazu einen richtig guten Livestream mit guten Kommentatoren angeboten haben – Klasse! Und ein dickes Dankeschön dafür! Damit zu den Löwen.

Die Abwehr – Der Mittelblock

Ilija Abutovic blieb in der 1. Halbzeit ganz draußen. Statt seiner spielten zunächst Gedeon Guardiola und Jesper Nielsen im Mittelblock. Nielsen wurde in der letzten Saison schmerzlich vermisst, nachdem er sich bei der WM eine hartnäckige Verletzung zugezogen hatte, die ihn für den Rest der Saison außer Gefecht setzte. Das Testspiel beim HSC Suhr Aarau bot daher die Gelegenheit, ihn besonders unter die Lupe zu nehmen.

Zu Beginn gab es für meinen Geschmack noch einige Lücken zu viel. So gelangen den Schweizern mindestens zwei Tore nach Anspielen an den viel zu freien Mann am Kreis. Das besserte sich dann allmählich. Ich fand die Löwen dann v.a. in der Seitwärtsbewegung nach Kreuzungen des Gegners verbessert. Dass Abutovic sich allerdings in einem Testspiel zwei Zeitstrafen einhandelt ist jetzt nicht so toll.

Die Abwehr – Mittelblock mit französischer Note

Ich gebe zu: Als Romain Lagarde auf die Platte kam hatte ich nicht unbedingt damit gerechnet, dass er im Mittelblock spielen würde. Ob das nur für das Testspiel war oder eine ernsthafte Alternative für die Saison bleibt abzuwarten. Es ergeben sich dadurch aber durchaus interessante Möglichkeiten Lagarde kann die erste Welle initiieren, oder diese auch abschließen (wie in der 1. Halbzeit geschehen).

Dass es natürlich Abstimmungsschwierigkeiten gibt ist klar. Lagarde ist erst seit zwei Wochen bei den Löwen, weshalb vieles noch gar nicht passen kann. Da Lagarde in diesem Testspiel phasenweise auch in der 2. Halbzeit, dann zusammen mit Abutovic, im Mittelblock agierte, könnte das tatsächlich eine Option für die Zukunft sein.

Die Abwehr – Testspiel mit bekannter Anfangsformation

Guardiola/Nielsen im Mittelblock, Kohlbacher und Petersson auf Halb, Tollbring und Groetzki außen – Die Abwehrformation zu Beginn des Spiels war eine altbekannte. Logisch, denn die Neuen brauchen Zeit. Schön zu sehen, dass in der 6-0-Formation durchweg eine gewisse Grundaggressivität vorhanden war. Auch die Übergaben klappten phasenweise schon ganz ordentlich, auch wenn es (s.o.) natürlich noch Abstimmungsprobleme gibt Auch dafür ist ein Testspiel hilfreich. Was nicht zu sehen war ist eine alternative Abwehr, egal ob 5-1 oder 3-2-1. Ich denke, damit wird Kristjan Andresson noch etwas warten, bis die 6-0 richtig funktioniert.

Der Angriff – Schmid in Spiellaune

Ein Testspiel in der Schweiz, und der Schweizer zeigt sein Können. Andy Schmid glänzte wieder mit Anspielen aus dem Nichts und mit einigen guten Würfen auf das Tor. Nach wie vor ist er der Dreh- und Angelpunkt des Löwenspiels. Er spielte nur in Notfällen -sprich: wenn es nicht zum Wechseln reichte – in der Abwehr. Gerade mit Lagarde in der Abwehr ist Schmid dort auch nicht zwingend erforderlich, um die erste Welle zu leiten. Zumindest im gestrigen Testspiel war es aber so, dass Schmid auf RM Alleinunterhalter war. Hier bin ich sehr gespannt, ob Andresson ihn während der Saison auch mal in engeren Spielen auf die Bank beordert.

Der Angriff – Die Halbpositionen

Mensah auf Halblinks, Petersson auf Halbrechts, so sah es zu Beginn aus. Aktueller Eindruck von beiden: Mensah nach wie vor heiß/kalt, Petersson mit verbesserter Form gegenüber der letzten Rückrunde. Ja, dieser Mads Mensah Larsen treibt mich von einem Extrem ins andere. Krachende Torwürfe, schlecht vorbereitete “Pässe” zum gegnerischen Torhüter. Da bin ich gespannt, wie er sich ohne seinen Mentor Jacobsen weiter entwickeln wird. Petersson wirkt nicht wie der Alterspräsident der Löwen. Er erzielte sogar ein Tor aus dem Rückraum. Mit Sprungwurf!

Später kam Lagarde für Mensah, dann auch Kirkeløkke für Petersson. Bei beiden merkte man natürlich, dass sie die Frischlinge sind. Doch in einem Testspiel geht es ja genau darum: Die Neuen sollen herangeführt werden. Lagarde wirkte hier so, als wär er ein wenig weiter als Kirkeløkke. Letzterer hatte in der zweiten Halbzeit eine ganz unglückliche Phase mit zwei Fehlpässen in zwei aufeinander folgenden Angriffen. Außerdem fehlte mir bei ihm der unbedingte Zug zum Tor. Der war dafür bei Lagarde das eine oder andere Mal vielleicht sogar einen Tick zu stark ausgeprägt, wodurch er das rechtzeitige Abspiel verpasste.

Der Angriff – Die Außenpositionen

Wenn in einem Testspiel ein Außen angeschlagen ist und deshalb nicht spielt (Gensheimer), dann muss der andere eben länger ran (Tollbring). Das machte Jerry auch ganz ordentlich. Giftig in der Abwehr, mit gutem Spiel im Angriff, aber auch mit einem vergebenen Siebenmeter. Den verzeichnete auch Patrick Groetzki, der ansonsten in Normalform agierte. Tim Ganz kam in Halbzeit 2 für Grotzki, erzielte schöne Tore, muss aber in der Abwehr noch dazu lernen. Aber er ist ja auch noch jung.

Und damit zu einem Spieler, der eigentlich beim Rückraum hätte auftauchen sollen: Filip Taleski. Unglaublich talentierter Bursche, dem ich den Durchbruch so sehr gönnen würde! Aber irgendwie hakt es bei ihm. Fäth war angeschlagen, konnte nicht eingesetzt werden, und doch kam Taleski nicht im Rückraum zum Zug. Eingesetzt in einem Testspiel, aber nur als Backup auf Linksauße? Wenn ich meine bescheidene Meinung dazu äußern darf: Kein gutes Zeichen. Ob er das normale Ende seines Vertrages bei den Löwen erlebt? Ich würde mich freuen, aber aktuell glaube ich nicht daran.

Der Angriff – Die Kreisläufer

Jannik Kohlbacher und Jesper Nielsen teilten sich die Spielzeit im Angriff. Beide waren in diesem Testspiel mit je 5 Treffern die besten Torschützen der Löwen. Allerdings kann ich dem Spielbericht auf der Website der Löwen nicht ganz folgen. Meiner Meinung nach hatte Nielsen einen Fehlwurf. Aber wie auch immer: Gut, dass Nielsen wieder dabei sein kann! Das eröffnet nicht nur in der Abwehr, sondern auch im Angriff weitere Optionen.

Das Testspiel – Der Trainer

Kristjan Andresson wirkte auf mich während des Spiels genauso wie am Montag bei der Saisoneröffnung in Karlsruhe: Ruhig, abgeklärt, mit einem klaren Plan und klaren Anweisungen. Wie das in einem richtigen Saisonspiel ist, gegen einen richtig starken Gegner, das bleibt natürlich abzuwarten. Allerdings kann ich mir Andresson nicht in der Rolle des Jacobsensti… ähhh Rumpelstilzchens vorstellen.

Das Testspiel – Der Gesamteindruck

Die Löwen kamen gestern aus zwei Wochen harter Saisonvorbereitung und hatten erst ein Testspiel hinter sich gebracht. Angesichts dieser Umstände war das gestern kein schlechter Auftritt. Dem Urteil des Spielberichts auf der Löwen-Website, demzufolge es “eine ansprechende und überzeugende Leistung” war, kann ich mich deshalb durchaus anschließen. Dass noch sehr viel Arbeit vor Kristjan Andresson und den Löwen liegt ist natürlich klar. Auf beiden Halbpositionen neue Spieler einzubauen wird dauern. Gestern war zu erkennen, dass es noch Probleme beim Timing gibt, dass die Laufwege noch nicht alle stimmen.

Genau so braucht es Zeit, bis die Löwen die Spielphilosophie ihres neuen Trainers verinnerlicht haben. Auch eine zweite Abwehrformation muss noch implementiert werden. Noch sind es aber einige Wochen bis zu den ersten Spielen, in denen es wirklich um etwas geht. Ich bin sicher, dass die Löwen diese Zeit gut nutzen werden. Wenn sie dann noch von schwereren Verletzungen verschont bleiben sollte da eine schlagkräftige Mannschaft auf der Platte stehen.

Ich freue mich darauf!