Die Europaliga kommt (ziemlich sicher)

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Vor ein paar Tagen hatte ich über die Pläne der EHF geschrieben, was die Champions League angeht, die schlussendlich eine Europaliga sein dürfte. Mittlerweile ist schon einiges an Wasser den Rhein und den Neckar hinab geflossen, aber mich treibt das Thema immer noch um.  So sehr, dass mir derzeit nichts einfällt, was ich zum – gut gelungenen und sehr launigen – Saisonauftakt der Rhein-Neckar Löwen am letzten Montag in Karlsruhe schreiben soll (Obwohl sich das schon lohnen würde. Na ja, eventuell morgen …). Vielleicht bin ich ja der einzige, dem es so geht, aber sei’s drum.

Es ist natürlich nicht abzustreiten, dass eine Champions League in der vorgestellten Variante Vorteile für die EHF und für die beteiligten Clubs hat. Mehr Spiele auf Top-Niveau sind gegenüber dem Fernsehen ein gutes Argument für höhere Zahlungen. Das sollte durchaus mehr mediale Aufmerksamkeit bringen, wodurch insgesamt auch die Chance auf eine bessere Vermarktung steigen würde. Vielleicht schafft man es ja tatsächlich, einen richtig großen Top-Sponsor an Land zu ziehen. Die im Raum stehende Verdopplung der Prämien machen das Thema “Europaliga” natürlich für die beteiligten Vereine attraktiv.

Wenn man die Statements von THW-Geschäftsführer Thorsten Storm in den Kieler Nachrichten vom 28.07.2017 und Löwen-Geschäftsführerin Jennifer Kettemann im Mannheimer Morgen vom 31.07.2017 liest dürfte diese “Europaliga” praktisch beschlossene Sache sein.Übrigens wohl eher schon ab 2019, wie in den verlinkten Artikeln steht, und nicht erst ab 2020, wie ich zuletzt noch dachte. Dass es noch Gesprächsbedarf gibt, wie Jennifer Kettemann sagte, sehe ich übrigens genauso. Besonders, aber sicher nicht nur, was die Belastung der Spieler angeht. Noch hat sich niemand dahingehend geäußert, wie der genaue Modus der Champions League aussehen soll. Insbesondere wie der von EHF-Präsident Michael Wiederer in der Handballwoche angesprochene Auf- und Abstieg geregelt sein soll, erschien noch absolut offen. Dachte ich zumindest, und ich hatte mir ein paar Modelle überlegt, aber das werde ich euch hier nicht zumuten. Bin gespannt, was da am Ende dabei raus kommen wird. Dem oben verlinkten Artikel im Mannheimer Morgen zufolge könnten sowieso alle meine Überlegungen Makulatur sein, und die Europaliga auf eine geschlossene Gesellschaft von 40 Mannschaften hinaus laufen. In meinen Augen eine Horrorvorstellung, und zwar unabhängig davon, ob die Löwen mit dabei wären oder nicht!

Dass es bereits jetzt für die allermeisten Spieler der deutschen Topclubs viel zu viele Spiele im Lauf einer Saison sind, darüber muss man nicht mehr diskutieren. Über die teilweise zu lesenden Vorschläge, die weiter zunehmende Belastung durch die Europaliga abzumildern, muss man aber sehr wohl reden. Denn das eine oder andere finde ich ziemlich haarsträubend. Zu einigen Vorschläge, die ich an verschiedenen Stellen gelesen habe, möchte ich euch meine Gedanken dazu nicht vorenthalten. Der Reihe nach:

Vorschlag 1: Spieler der Mannschaften, die in der Europaliga spielen, werden von der Teilnahme an Qualifikationsspielen ihrer Nationalmannschaften befreit.

Ja, richtig gelesen. Was ich mich frage: Wer legt das fest, bzw. wer ordnet das an? Die EHF? Würde es sich die EHF wirklich anmaßen zu entscheiden, welche Spieler nicht antreten dürfen, wenn es um die Qualifikation für WM, EM oder Olympia angeht? Würde das die Qualifikationsspiele nicht entwerten? Was, wenn eine Nationalmannschaft sich dann nicht qualifiziert? Oder sollen die Nationaltrainer auf freiwilliger Basis darauf verzichten? Warum sollten sie das tun? Nehmen wir doch mal die Situation in der Saison 2018/19 als Beispiel, und nehmen wir an, der THW und die Löwen würden in der Europaliga spielen. Mit Wolff, Dahmke, Dissinger, Weinhold, Wiencek, Pekeler beim THW sowie Groetzki, Fäth und Kohlbacher bei den Löwen (habe ich jemanden vergessen?) wären es sage und schreibe neun Spieler, die Bundestrainer Christian Prokop in der Qualifikation nicht zur Verfügung stehen würden. Klar, es gibt noch etliche andere gute Spieler in Deutschland, und eine Qualifikation wäre sicher auch ohne diese neun Spieler möglich. Aber was dann? Sollen etwa neun Spieler, die die Qualifikation geschafft haben, zugunsten derer auf eine Turnierteilnahme verzichten, die währenddessen mit ihren Vereinen Europaliga spielen, wo die beteiligten Vereine dann recht ordentliche Einnahmen verzeichnet haben? Du hältst die Knochen hin, damit das Team bei einem Turnier dabei ist, und den Ruhm (und die Erfahrungen und die mögliche Steigerung des eigenen Marktwertes etc.) beim Turnier heimsen andere ein? Was ist das denn für eine Denkweise, die sowas gut findet, oder die eine solche Regelung überhaupt in Betracht zieht? Sorry, ich kann dem nichts, aber gar nichts abgewinnen.

Vorschlag 2: Die Europaliga-Teams steigen im DHB-Pokal erst später ein, z.B. ab dem Achtelfinale.

Was würde, bzw. was sollte das bringen? Im Achtelfinale ist man ja bereits, wenn die ersten beiden Runden – die in einem Turnier an einem Wochenende ausgetragen werden – übersteht. Was übrigens den Champions-League-Teilnehmern bisher recht problemlos gelungen ist. Würde natürlich zwei Spiele einsparen, aber den unterklassigen Teams würde die Chance genommen, vielleicht doch mal gegen einen der Großen zu spielen. Auch hier gilt: Warum sollte man das machen? Auf Spiele gegen die ganz großen Mannschaften des Landes – und auf die entsprechenden Einnahmen – verzichten, damit diese mehr Pausen haben, um mehr Geld zu verdienen? Warum nicht gleich die zwei oder drei Europaligamannschaften für das Final 4 in Hamburg setzen? Da könnte man glatt noch zwei weitere Spiele einsparen.

Vorschlag 3: Die DKB HBL soll reduziert werden.

Kein ganz neuer Vorschlag. Er kommt aber immer wieder auf die Tagesordnung, wenn es um eine Reduzierung der Belastung der Topspieler geht. Eine Europaliga mit 12 Mannschaften würde 22 Gruppenspiele bedeuten, zuzüglich zwei Spiele im Viertelfinale. Macht also 24 Spiele ohne Final 4. Aktuell sind es in der Gruppenphase sowie im Achtel- und Viertelfinale insgesamt 18 Spiele. Eine Reduzierung müsste also sechs Spiele einsparen. Bei 16 Mannschaften wären es vier Spiele weniger als aktuell, bei 14 Mannschaften wären es acht Spiele weniger. Also: Reduzieren auf 16 und die zwei Spiele mehr schlucken? Oder reduzieren auf 14, und noch zwei Spiele “Luft” haben? Wer sollte dem zustimmen? Die anderen Vereine der DKB HBL, die keine europäischen Spiele haben, zugunsten der besseren Verdienstmöglichkeiten der Topteams aber auf zwei oder gar vier Heimspiele verzichten sollen? Ja nee, is’ klar! Für Mannschaften, die nicht europäisch spielen, sind die 34 Saisonspiele definitiv nicht zu viel. Warum dann noch auf Spiele verzichten? Dieser Vorschlag wird auch auf längere Sicht keine Mehrheit finden.

Vorschlag 4: Die DKB HBL führt Playoffs ein, und die Europaligateams steigen erst zu den Playoffs ein.

Wer auch immer diesen Vorschlag aufgebracht hat oder diesen tatsächlich weiter verfolgt – für mich ist das ein völlig absurder Vorschlag! Mit wie vielen Mannschaften sollten die Playoffs dann laufen? Mit acht, oder mit 16? Wenn es acht Mannschaften wären, dann müssten sich fünf Mannschaften in einer 14-er-Liga (?) durchsetzen, die auf die drei Europaligamannschaften treffen. Auch hier stellt sich die Frage: warum sollte ein Nicht-Europaligateam diesem Modell zustimmen? Mannschaften wie Lemgo, Minden, N.-Lübbecke, Friesenheim, Hüttenberg sowie vermutlich viele der zukünftigen Aufsteiger hätten dann auf Jahre hinaus keine reelle Chance, gegen eines der Top-Teams zu spielen, da man es wohl nur selten in die Playoffs schafft.

Wie ich es drehe und wende – ich kann dem Gedanken an die Europaliga nichts abgewinnen, was mich dafür begeistern könnte. Ja klar, es gäbe Spiele gegen hervorragende Mannschaften; mehr als bisher. Das ist sicher attraktiv. Wenn das nächstgelegene Auswärtsspiel aber evtl. in Paris ist, wer fährt dann noch mit zu den Spielen? Wie viele können und wollen sich das dann noch leisten? Noch dazu: eine geschlossene Gesellschaft, wie weiter oben schon geschrieben? Der Grundgedanke des Wettbewerbs würde ad absurdum geführt. Wozu soll man dann noch Deutscher Meister werden, wenn man als Nicht-Mitglied dieser geschlossenen Gesellschaft eh keine Chance hat auf den Top-Wettbewerb in Europa? Wäre es nicht konsequent, im Fall einer geschlossenen Gesellschaft die Europaligavereine ganz aus den nationalen Wettbewerben auszuschließen?

Ich glaube, ich würde mir dann eher eine Dauerkarte für die SG Leutershausen holen und nur zum einen oder anderen Spiel der Löwen in die SAP Arena gehen, wenn überhaupt. Wobei man ja zunächst erst noch abwarten muss, ob die Löwen tatsächlich in den erlauchten Kreis aufgenommen würden. Wer über den Tellerrand der Europaligaanwärter hinaus schaut kann meiner Ansicht nach nicht umhin, negative Auswirkungen auf andere Mannschaften, vielleicht sogar für die HBL insgesamt zu sehen. Können diese vermieden werden? Vielleicht, nur frage ich mich, wie das gehen soll.

Es wird noch einiges mehr an Wasser den Rhein und den Neckar hinab fließen, bis die neue Champions League – die dann wohl wirklich besser Europaliga genannt werden sollte – tatsächlich Gestalt annimmt. Aktuell hoffe ich allerdings immer noch darauf, dass die derzeitigen Pläne davon gespült werden. Aber vielleicht bin ich mit meiner Meinung ja auch allein auf weiter Flur …