Neue Zeiten im Handball brechen an

      Kommentare deaktiviert für Neue Zeiten im Handball brechen an

Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Auch im Handball. Ja, doch! Wirklich! Es brechen neue Zeiten an, bessere Zeiten, großartige Zeiten … na ja, zumindest neue Zeiten, denn der Spielplan im Handball wird neu gestaltet, und ab der Saison 2020/21 wird alles vieles anderes. Und besser!

Die Fakten

In Ausgabe 6/2018 von Handball Inside schreibt Erik Eggers, ein bekannter Handball-Journalist, ab S. 70 unter der Überschrift “Licht am Horizont” über angedachte und bereits beschlossene Änderungen am Terminkalender im Handball. Diese sollen ab der Saison 2020/21 gelten. Die einzelnen Punkte, die bereits beschlossen sind:

  • Die letzte Nationalmannschaftswoche endet am 02.05.2021 statt Mitte Juni
  • Im Anschluss folgen die Viertelfinals der Champions League
  • Das Final 4 der Champions League findet am 12./13.06.2021 statt, nicht Ende Mai
  • In den beiden Wochen vor dem Final 4 werden die nationalen Meisterschaften beendet
  • Punkt 5 verrate ich erst weiter unten

Auch auf handball-world.com wurde darüber berichtet. Kling gut? Das ist gut, aber dennoch, oder vielleicht gerade deshalb, sollten wir uns die einzelnen Punkte etwas genauer anschauen.

Letzte Länderspiele Anfang Mai

Eine überragende Idee! Endlich wird etwas umgesetzt, was schon seit langem von vielen als Ärgernis empfunden wurde. Da waren alle Spiele gespielt, sowohl in den nationalen Meisterschaften als auch in den Europapokalen, und dann kamen nochmal zwei Qualifikationsspiele der Nationalmannschaften hinten drauf. Eine absurde Idee, die ab der Saison 2020/21 der Vergangenheit angehören wird. Sicher, die Meisterschaftsrunde muss dafür ein weiteres Mal unterbrochen werden. Dennoch ist das eine erheblich bessere Regelung, die insbesondere für die Nationalspieler von erheblichem Vorteil sein wird.

Champions League Final 4 als krönender Abschluss

Noch eine wirklich überragende Idee! Ich habe es noch nie verstanden, dass das absolute Highlight im Vereinshandball der Männer zu einem Zeitpunkt gespielt wird, an dem diverse nationale Meisterschaften noch nicht beendet sind. Solch ein Ereignis muss den Abschluss der Saison bilden, nichts andres. Punkt.

Ganz abgesehen davon, dass der Termin nun dem Anlass entsprechend passt, bringt das für sehr viele Spieler eine Verlängerung der Sommerpause um mindestens eine Woche, vielleicht sogar mehr. OK, nicht für die ca. 64-70 Spieler, die beim Champions League Final 4 zum Einsatz kommen, aber irgendwas ist ja immer.

Neue Zeiten in der Zusammenarbeit

Das alles sieht wirklich danach aus, als würden neue Zeiten anbrechen. War der Eklat in der letzten Saison mit dem Spiel der 2. Mannschaft der Rhein-Neckar Löwen im Achtelfinalhinspiel der Champions League bei Kielce der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat? Ich hatte ja bereits im März 2018 in einem Artikel hier im Blog diese Hoffnung geäußert. Das wird sicher niemand offen zugeben, aber ich bin absolut davon überzeugt, dass diese Eskalation alle Parteien aufgerüttelt hat. Nun ging es wohl wirklich nicht mehr mit einem “Na ja, nicht toll, aber geht schon” weiter. Diese Anti-Werbung braucht nämlich niemand. Nicht die EHF, nicht die Champions League, nicht die HBL. Und die Löwen übrigens auch nicht.

Interessant auch, dass anscheinend hinter den Kulissen einige Spieler gemeinsam beraten, wie die Meinung der Spieler mehr Gewicht bekommen kann. Andy Schmid, Tobias Karlsson und Domagoj Duvnjak und Christian O’Sullivan sind in der Frage wohl besonders engagiert. Deren Wort sollte Gewicht haben. Wenn diese Spieler eine gemeinsame Linie finden und sich genügend andere Spieler anschließen wird das hoffentlich endlich etwas bewirken. HBL-Präsident Uwe Schwenker und HBL-Geschäftsführer Frank Bohman sind jedenfalls wohl gesprächsbereit und offen für Vorschläge. Wie die Umsetzung aussehen wird? Wir werden es sehen.

Ist das nun schon alles?

Hoffentlich nicht! Denn bis hierhin sind zwar einige sehr wichtige Punkte angegangen worden, aber ausreichend ist das noch lange nicht. Im oben bereits erwähnten Artikel bei Handball Inside stehen aber noch zwei weitere Ansätze, die interessant sind. Für zumindest eine Maßnahme – der geheimnisvolle Punkt 5 auf obiger Liste – ist der Begriff “Neue Zeiten” zu wenig. Das muss man schon mit “Revolution” beschreiben. Um was es geht? Um die Spieltermine der Champions League. Bisher sah die Regelung so aus, dass die Spiele zwischen Mittwoch und Sonntag stattfinden konnten/durften; genauer: Mittwoch, Donnerstag, Samstag und Sonntag. Neu seit dieser Saison ist ja bereits die Festlegung, dass die deutschen Mannschaften ihre Heimspiele am Mittwoch austragen. Das war schon ein erheblicher Fortschritt, da dies eine bessere Planbarkeit mit sich bringt.

Die Revolution ist nun, dass die Beratungen zwischen EHF, Vereinen sowie den Firmen Infront und Perform, den neuen Medienpartnern ab der Saison 2020/21 dazu geführt haben, dass die Champions League Spiele unter der Woche (Dienstag/Mittwoch) statt finden. Und zwar alle Mannschaften aus allen teilnehmenden Ländern! Für die HBL-Vereine in der Champions League erhöht sich damit die Planbarkeit nochmals. Insbesondere ist es nun möglich, am Mittwoch auswärts in der Champions League anzutreten und am Sonntag darauf in der HBL, die weiterhin einen Spieltag auf Donnerstag und Sonntag verteilen wird.

Revolution Plus

Noch offen ist aber, wie flexibel Sky ist, denn ein echtes Plus wäre es, wenn der TV-Vertrag zwischen HBL und Sky ein wenig modifiziert werden könnte. Beispiel: Heimspiel Champions League am Mittwoch, HBL-Spiel am Sonntag, Champions League auswärts dann am Dienstag. Ungünstige Situation, denn das wären dann wieder zwei Spiele innerhalb von 48 Stunden inklusive u.U. Reisestrapazen. Hier wäre es schön, wenn das HBL-Spiel auf den Samstag gelegt werden könnte und dürfte. Oder wenn das HBL-Team, je nach Hallenbelegung, vor oder nach einem Auswärtsspiel am Dienstag in der Champions League auch mal an einem Freitag in der HBL spielen darf.

Die Woche des Handballs

Das wäre dann der zweite wichtige Punkt, von dem ich weiter oben geschrieben habe. So hat nämlich laut Handball Inside Löwen-Kapitän Andy Schmid seine Idee genannt, einige Spieltage zu verdichten. Um was es geht? Schmid hat vorgeschlagen, dass in den Pausen der Fußball-Ligen vielleicht auch mal drei oder vier HBL-Spiele absolviert werden könnten. Ich denke, damit ist gemeint, dass beispielsweise innerhalb einer Woche am Samstag, am Dienstag, am Donnerstag und dann am Sonntag jeweils (!) ein kompletter HBL-Spieltag durchgeführt wird. Schmid sprach davon, dass es beispielsweise für die Spitzenteams vier und für die anderen Teams drei Spiele sein könnten, aber ich finde die Idee mit vier kompletten Spieltagen durchaus überlegenswert.

Wenn man dabei noch darauf achten würde, dass zwischen den Spieltagen am Dienstag und Donnerstag die Anfahrtswege für die Mannschaften kurz gehalten werden. Das wären dann wirklich neue Zeiten. Dass damit eine hohe Aufmerksamkeit erzielt werden könnte, wie Andy Schmid meinte, kann ich mir durchaus vorstellen. Nachteil natürlich: Ist ein wichtiger Spieler in der Zeit verletzt fehlt er gleich in drei oder vier Spielen. Auf der anderen Seite würde das nochmals Luft für mindestens eine weitere Woche Sommerpause bringen. Auch nicht zu verachten.

Neue Zeiten, aber nicht überall

Was sich nicht ändern wird ist der Rhythmus der Welt- und Europameisterschaften. Hier sind neue Zeiten utopisch. Niemand glaubt, dass IHF und EHF darauf verzichten würden. Gerade erst wurde beschlossen, die Meisterschaften aufzustocken (WM 32 Teams, EM 24 Teams), da wird man nicht die Häufigkeit der Turniere reduzieren. Genauso utopisch ist es, eine Verkleinerung der HBL zu fordern. 16 oder gar nur 14 Teams statt wie derzeit 18? Das brächte Entlastung, richtig, aber auch für den Geldbeutel der Vereine. Weniger Spiele im Kalender würde weniger Zuschauer(einnahmen) bedeuten sowie vermutlich weniger Sponsoren- und Fernsehgelder. Und, mal ganz unter uns: Das Thema “(zu) hohe Belastung” ist ein Thema der Champions-League-Teilnehmer und (abgeschwächt) eines der EHF-Cup-Teilnehmer, Den großen Rest der HBL betrifft das jedoch gar nicht.

Noch Fragen?

Ja, sicher, aber die werde ich heute nicht stellen. Aktuell bin ich einfach nur froh, dass sich allem Anschein nach etwas bewegt, dass tatsächlich neue Zeiten auf uns zukommen. EHF und HBL gehen auf die Spieler zu. Endlich, ist man versucht zu sagen, denn die Spieler sind das größte Kapital der EHF und der HBL. Nun bleibt zu hoffen, dass die Vorschläge auch konsequent umgesetzt werden Damit darf der Prozess aber nicht zu Ende sein. Weitere Überlegungen müssen angestellt werden, wie man den Spielern mehr notwendige Pausen geben kann.

Vielleicht ist ja das Jahr 2019 das Jahr, an das sich Spieler, Trainer, Funktionäre und auch Fans später gerne zurück erinnern und es als das Jahr bezeichnen, in dem sich der Handball eines besseren besonnen hat und neue Zeiten angebrochen sind.